Einblicke in die Buchstabenwerkstatt
Rezension und Rezession
Ein Buch schreiben und veröffentlichen ist eine Sache, ein Buch vermarkten eine ganz andere. Zur Verbreitung eines Buchs und damit zu seinem Erfolg tragen Rezensionen bei. Das ist nichts Neues. Nicht mehr ganz so neu ist auch der Trend, den ich schrecklich finde: die inflationären Rezensionen.
Inflationäre Rezensionen ist mein Euphemismus für nichtssagende Rezis**, die den Klappentext eines Buchs zum x-ten Mal wiederkäuen. Ergänzt von Beschwerden wie „kam erst nach 10 Tagen an“, „die Verpackung war beschädigt“ und über andere Dinge, auf die Autor*innen meist keinen Einfluss haben.
Aus Liebe zur Sprache
Was ich als Fachsprachexpertin besonders vermisse, ist die mangelnde Liebe zur Sprache, die ich aus vielen Onlinerezensionen lese. Das bedeutet leider, dass nur selten die sprachliche Qualität eines Buchs gewürdigt wird bzw. umgekehrt, dass mangelnde sprachliche Qualität selten erwähnt wird. Das finde ich sehr bedauerlich, denn für meine Kauf- und Leseentscheidung bleibt die Sprachqualität ein wichtiger Faktor. In meinem fortgeschrittenen Alter darf ich eigen werden.
Vom Genitiv zum „von“-Index
Das Verschwinden des Genitivs schreitet fort, auch in Büchern. Meine ganz und gar unwissenschaftliche Meinung dazu gipfelt im „von“-Faktor, der eigentlich ein „von“-Index ist. Meine unmaßgebliche Hypothese besagt im Klartext, dass die sprachliche Qualität eines Buchs umso niedriger ist, je höher der „von“-Index ist. Muss ich das wirklich näher ausführen? Ich verzichte darauf, Beispiele für Genitiversatzformen zu nennen. Wer will, findet Beispiele genug – in Büchern, im Internet, wohin man schaut.
„Von“, das alte neue Adelsprädikat. Nein danke!
Des Rätsels Lösung
... gibt es nicht, diese drei Wörter sind nur ein Beispiel für eine Redewendung im Genitiv, die hartnäckig überdauert. Ich rätsele weiter über Sinn und Unsinn von Rezensionen und über schlecht lektorierte Bücher, in denen der „von“-Faktor überhand nimmt, während mir immer klarer wird, was meine Kinder mir schon vor Jahren gesagt haben: Ich bin ein sprachlicher Dinosaurier. Wie schön!
**Ein Kurzwort, das immer noch besser ist als gänzlich unangebrachte „Rezessionen“. Dieses Wort lässt mich zuverlässig zusammenzucken. Jemand, dem der Unterschied zwischen Rezension und Rezession gleichgültig ist, will die Qualität eines Buchs beurteilen, dessen Verfasser*in sich mutmaßlich sehr viele Mühe gegeben hat beim Schreiben? Und dieses sachunkundige Urteil beeinflusst den Marketingerfolg des Buchs? Danke für nichts.
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